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Der 50-jährige Geburtstag der Friedenskirche bietet Anlass für einen Rückblick in die Geschichte der Gemeinde und des Kirchengebäudes. So wie die Menschen einer Gemeinde und deren Aktivitäten - die Zeit widerspiegeln, in der sie leben, so ist auch ein Kirchengebäude ein Zeuge seiner Zeit. Somit zeigt die Friedenskirche ein Stück Kultur und Zeitgeschichte der Mühlheimer Gesellschaft.
Gemäß Kirchenchronik ist Mühlheim im 19.Jahrhundert ein katholischer Ort, „es verlor sich nur hier und da ein Evangelischer hierher". 1830 lebten 8 evangelische Menschen in Mühlheim. Im Laufe des Jahrhunderts, bedingt durch das Anwachsen der Offenbacher Industrie und durch Fabrikgründungen in Mühlheim, stieg die Zahl auf ca. 700 bis 800 an. Wer in dieser Zeit an einem evangelischen Gottesdienst teilnehmen wollte, oder Jugendliche, die den Konfirmandenunterricht besuchten, mussten den weiten Weg bis nach Bürgel auf sich nehmen. Erst 1899 wurde in Mühlheim für die evangelische Gemeinde der erste sogenannte „Betsaal" eingeweiht. Finanziert wurde er vorwiegend durch Sammlungen in der Gemeinde und durch Zuwendungen des Gustav-Adolf-Vereins, ein Verein, der Diasporagemeinden finanziell unterstützte.
Als nächstes Ziel wollte man eine Kirche bauen und dachte auch jetzt schon an einen dazugehörigen Kindergarten. Der Bauplatz wurde gekauft und auch das Gebäude des heutigen Pfarrhauses wegen seiner Nähe dazu erworben. Schon damals mussten die finanziellen Mittel erst beschafft werden und so dauerte es bis 1 915, als mitten im ersten Weltkrieg aus dem Betsaal die Kapelle entstand, die sich im jetzigen Gemeindehaus befindet. Erst 1925 konnte der Kindergarten endlich eingerichtet werden.
40 Jahre später waren die vorhandenen Räumlichkeiten in Mühlheim schon wieder zu klein. Die evangelische Gemeinde hatte nach dem 2. Weltkrieg stark zugenommen, und so wurde im damaligen Kirchenvorstand zuerst über eine kostengünstige Erweiterung der Gemeinderäurne nachgedacht. Man entschloss sich dann aber. auch auf Wunsch der Kirchenverwaltung, zu einem Kirchen neu bau, kombiniert mit neuen Räumlichkeiten für den Kindergarten. Die Planung hierfür wurde dem Offenbacher Architekten Fritz Reichard übertragen.
Mitte der 50er Jahre wurden die traditionellen Bauformen aufgelöst, es wurde nach neuen Gestaltungsformen gesucht, und die Architektur konnte sich ganz dem damaligen Anspruch nach Authentizität und Klarheit im neuen Kirchenbau hingeben.
Eine Folge der klaren Gestaltungsvorstellungen im äußeren Bau war die Trennung von Kirchenraum und Glockenturm. In Mühlheim steht der Kirchturm vereinzelt, losgelöst vom Kirchengebäude, als weithin sichtbares Wahrzeichen im Straßenraum der Mozartstraße, direkt am Bürgersteig, mit einer Höhe von 22 m.
Das Kirchengebäude hingegen ist eingerückt von der Straßenflucht und nach Osten ausgerichtet. Dadurch entsteht vor dem Eingang ein großer Freiraum, ein Kirchplatz, der den nötigen Abstand bietet, um die großzügige Freitreppe als Kirchenaufgang entsprechend wahrzunehmen. Das Gebäude selbst. ein nüchterner Kubus, 15 m x 25 m in den Abmessungen, mit einer Höhe von 11 m vermittelt eine Schlichtheit, die durch die Wahl der verwendeten Baumaterialien noch unterstützt wird. Wände aus Kalksandsstein-Sichtmauerwerk innen und außen, Stahlbeton für die Rippendecke im Inneren und schwarzer Terrazzo als Fußbodenbelag erzeugen ein puristisches Gefühl. Die Verwendung von schwarzem Schiefer für Taufbecken, Altar und Kanzel, ein natürliches, aber auch sehr haptisches Material, drückt die Wertigkeit des Innenraumes aus. Die rückwärtige Empore, erschlossen durch eine Wendeltreppe, ist gelöst von den Außenwänden, frei in den Raum gestellt.
Die hoch angelegten, umlaufenden Antikglas-Fenster trennen die Decke von den Wänden, lassen das Dach förmlich schweben. Die geschlossenen Umfassungswände, kombiniert mit diesem farbigen Fensterband und der abgelösten Decke, erzeugen eine Spannung im Raum, die die Hektik des Tages ausschließt. Eine Hinführung zur inneren Sammlung wird erreicht.
Fritz Reichard bemerkte 1959 zur Planung seines neuen Kirchenbaus; „...in erster Linie die Handlung bestimmt den sakralen Raum. Altar, Kanzel und Taufstein ... sind nicht in einem Chor oder Altarraum angeordnet, sondern stehen in engster Beziehung zur Gemeinde, zur Verkündigung des Woertes und zur Austeilung der Sakramente ...". Diese theologisch-architektonische Konzeption steht für den modernen Kirchenbau unserer Zeit.
Einen hohen symbolischen Charakter beinhaltet die Entscheidung, unter dem Kirchenbau ein Souterraingeschoss anzuordnen, dass den neuen Kindergarten aufnimmt. Das Fundament der Kirche, die Basis einer Gemeinde, wird durch die Kinder gebildet. Diese Entscheidung lässt den hohen Stellenwert erkennen, der der Beschäftigung mit Kindern im Gemeindeleben zuerkannt wird. Es wurden zwei große Gruppenräume zu je 80 qm geschaffen mit Ausrichtung nach Süden zu Licht, Luft und Sonne. Die notwendigen Nebenräume und Sanitäranlagen wurden ebenso großzügig konzipiert wie der den Aufenthaltsräumen vorgelagerte Außen-Spielbereich.
Der Bauausschuss kümmerte sich um die Durchführung des aufwendigen und anspruchsvollen Bauvorhabens. Auch wurde ein Kirchenbauverein gegründet, der sich unter anderem der Finanzierung der Glocken und der Oberlinger Orgel annahm.
Die Mühlheimer Baufirma Peter Josef Seipel & Sohn begann im August 1958 mit dem ersten Spatenstich. Mit Fertigstellung des Kindergarten-Rohbaus drei Monate später, konnte auf dessen Decke der Grundstein für das neue Kirchengebäude gesetzt werden. Dieser Grundstein, eine Spende der Baufirma Seipel & Sohn, enthält eine Urkunde mit einer kurzen Geschichte der Gemeinde.
Das Richtfest wurde im April des folgenden Jahres gefeiert und nach einer Bauzeit von insgesamt 15 Monaten wurde die Kirche am 13. Dezember 1959, dem 3. Adventssonntag feierlich eingeweiht. Das neue Kirchengebåude bot Platz für 500 Besucher.
Neue Glocken läuteten zum ersten Mal im Kirchturm am 27. März, dem Konfirmationstag 1960. Ein halbes Jahr später, im Sommer 1960, war auch der Kindergarten soweit eingerichtet, dass er mit zwei Gruppen, von ca. 90 Kindern, den Betrieb aufnehmen konnte.
Nach einem weiteren Jahrzehnt, 1972, wurden die Kapelle" und das Schwesternhaus endlich zu einem Gemeindehaus mit vier Appartements für das Kindergartenpersonal umgebaut.
Im Rahmen der Energiekrise 1973 fanden die Wintergottesdienste wieder in der „alten" Kapelle, dem „neuen" Gemeindesaal statt. 1975 wurde das schadhafte Dach der Kirche durch eine Dachhaut aus Kunststoff ersetzt. Um Heizkosten zu sparen, wurde die Heizung 1986 von Öl auf Gas umgestellt.
In den folgenden Jahren wurden die finanziellen Mittel knapper, bauliche Maßnahmen hintangestellt. In der Friedensgemeinde gehörten die Aktivitäten der Umwandlung des Kindergartens in eine integrative Kindertagesstätte, die inzwischen 20 Jahre besteht. Anschließend stand die Sanierung des Pfarrhauses als dringlichste Baumaßnahme an, bis dann im Jahre 2003 der Kirchenvorstand beschloss, das Kirchengebäude behindertengerecht umzugestalten. Das bedeutete vor allen Dingen den Einbau eines Aufzuges, um den Kirchenraum für gehbehinderte Menschen leichter erreichbar zu gestalten. Diese Maßnahme sollte mit den notwendigen Sanierungsarbeiten für das Kirchengebäude selbst und für das Freigelände verbunden werden. Das Architekturbüro Seipel und Rocker wurde mit den notwendigen Planungen beauftragt. Die Kosten wurden auf € 140 000 veranschlagt. Nachdem die Kirchenverwaltung in Darmstadt ihre Zustimmung erteilt und die Gemeinde ihren Finanzierungsplan, der 35 % Eigenmittel beinhaltete, aufgestellt hatte, konnten 2004 die Maßnahmen durchgeführt werden. Die Eigenmittel setzten sich zusammen aus großen und vor allem vielen kleinen Spenden.
Die Außenanlagen des Eingangsbereichs wurden neu gestaltet, ein neuer Bodenbelag wurde aufgebracht, Bodenbeleuchtungen wurden installiert, die Frauenhilfe stiftete Sitzbänke, um ein Verweilen vor und nach den Gottesdiensten angenehmer zu gestalten und auch die Grünflächen wurden überarbeitet.
Für das Innere des Kirchengebäudes entwickelte das Architekturbüro Seipel ein neues harmonisches Farbkonzept, die Beleuchtung wurde erneuert, das Fensterband saniert und in der Sakristei ein behinderten gerechtes WC eingebaut.
Als letzte Maßnahme konnte endlich 2007 der Aufzug installiert werden, um älteren oder gehbehinderten Personen oder Familien mit Kinderwagen einen barrierefreien Zugang zum Kirchenraum zu ermöglichen.
In den fünfziger Jahren wurde das neue Kirchengebäude sowohl dem sich verändernden gottesdienstlichen Leben nach den beiden Weltkriegen als auch dem Wachstum der Gemeinde gerecht. Unsere Planungen für die Zukunft werden sich auseinandersetzen müssen mit den sich wandelnden Ansprüchen an „Kirchliche Räume", die zum großen Teil darin bestehen, die Nutzungsmöglichkeiten zu erweitern.
Die Pfarrer, der Kirchenvorstand und die Mitglieder der Friedensgemeinde arbeiten weiterhin gemeinsam an den neuen Konzepten zur Weiterentwicklung der „Räume für Kirche und Gemeinde" um auch in Zukunft sich den Anforderungen einer modernen Evangelischen Gemeinde stellen zu können.
Karla Trillig im Dezember 2008